Macht Zucker auch krank?
SWR Fernsehen | Sendung vom Mittwoch, 18.9. | 20.15 Uhr
Statistisch gesehen verzehrt jeder Deutsche mehr als 34 Kilogramm Zucker pro Jahr. Dabei brauchen wir den Stoff gar nicht. Kohlenhydrate aus Brot oder Nudeln liefern die Energie, die unser Körper benötigt. Daraus kann er dann selbst Zucker herstellen. Zucker liefert unserem Körper nichts außer überflüssigen Kalorien, die uns bekanntermaßen dick werden lässt. Wissenschaftler finden aber immer mehr Hinweise, dass Zucker uns auch krank macht.
Risiko Haushaltszucker
Saccharose (Haushaltszucker) besteht zum einen aus Glucose, auch Traubenzucker genannt. Der andere Teil ist Fructose – also Fruchtzucker. Die beiden Stoffe werden in unserem Körper unterschiedlich verarbeitet: Fruchtzucker wird über den Darm verdaut. Traubenzucker verwertet der Körper mit Hilfe des Hormons Insulin. Gerät unser Insulinhaushalt außer Kontrolle, entsteht Diabetes.
Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Fruchtzucker weniger satt macht als anderer Zucker, was die Gefahr birgt, mehr zu essen. Außerdem fördert er die Bildung von Fettpolstern, nicht nur der sichtbaren, sondern auch innerlich: Wer sehr viel Fruchtzucker verzehrt, lagert auch in der Leber Fett ein. Schon Kinder können so eine Fettleber entwickeln, ähnlich wie Alkoholiker sie bekommen. Sie kann ein frühes Anzeichen des Metabolischen Syndroms sein, einem ganzen Bündel von Krankheiten: Diabetes, Bluthochdruck und Adipositas.
Tückische Süße des Fruchtzuckers
Dennoch werden immer mehr Produkte mit Fruchtzucker gesüßt – Ketchup, Fertiggerichte, Soßen oder Müslis beispielsweise. Das Wort “Frucht” lässt den Zucker harmlos erscheinen. Deshalb werben manche Hersteller damit. Doch Fruchtzucker ist nicht kalorienärmer oder gesünder als normaler Zucker. Manchmal ist der Fruchtzucker aber auch gar nicht ausgewiesen. Eine spezielle Kennzeichnungspflicht für Fruchtzucker gibt es bisher nicht, so Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. Für Menschen mit einer Fructose-Unverträglichkeit kann das zu gesundheitlichen Problemen führen.
Säfte enthalten von Natur aus Fruchtzucker. Vor allem die beliebten Smoothies sind häufig voll davon. Das ist auch kein Wunder, bestehen sie doch aus Früchten in hochkonzentrierter Form mit samt ihrem natürlichen Fruchtzuckergehalt. Viele Leute unterschätzen daher den Zuckergehalt von Fruchtsäften und Smoothies.
Auch in frischem Obst steckt natürlich Fruchtzucker. Manche Obstsorten wie etwa kernlose Weintrauben enthalten vergleichsweise viel Fruktose, andere wie die meisten Beerensorten eher wenig. Dennoch sollten wir auf Obst nicht verzichten, da sich darin nicht nur lebenswichtige Vitamine befinden, sondern auch Ballaststoffe, die verhindern, dass der Zucker zu schnell in die Leber gelangt. Deshalb ist selbst Obst mit relativ viel natürlichem Zuckergehalt gesünder, als Lebensmittel, die zugesetzten Zucker enthalten.
Zucker als Droge
Süßer Geschmack verkauft sich gut, deshalb enthalten fast alle Fertiggerichte Zucker. Er regt im Gehirn die gleichen Gegenden an wie Alkohol oder Nikotin. Darüber sind sich Wissenschaftler einig. Manche Forscher bezeichnen die Gier nach Süßem sogar als echte Sucht. Doch diese These ist umstritten. Der Pharmakologe Professor Rainer Spanagel forscht an der Universität Heidelberg, welche Veränderungen ein hoher Zuckerkonsum im Gehirn bewirken kann.
Energielieferant für Tumorzellen
Ist es dennoch in Ordnung, einfach weiter Zucker zu essen, solange man nicht dick wird? Nicht unbedingt, denn auch bei schlanken Menschen kann der Insulinhaushalt gestört sein. Etwa fünfzehn Prozent aller Typ 2 Diabetiker sind schlank. Auch sie können die Folgeerkrankungen treffen, bis hin zu Krebs.
Bekannt ist, dass Tumorzellen zur Vermehrung sehr viel Zucker brauchen. Ein internationales Wissenschaftlerteam an der Harvard Medical School um Professor Lewis Cantley erforscht darüber hinaus, welche Rolle Zucker bei der Entstehung von Krebszellen spielt. Der Biochemiker hält es für wahrscheinlich, dass in vielen Fällen ein hoher Zuckerkonsum Krebs überhaupt erst entstehen lässt. Noch ist das nur eine Vermutung. Doch Cantley empfiehlt auch schlanken Menschen, so wenig Zucker wie möglich zu essen.
Ein Film von Christine Buth und Ute Jurkovics